Datum: Sonntag, 04. November 2018         15:00 - 16:45 Uhr
Thema: Hochzeit feiern Sonntags-Erzählen mit Kaffee und Kuchen
Ort, Räumlichkeit:        Kath. Gemeindehaus Seebronn  
     
Teilnehmer: 31 Teilnehmer, davon 10 Vereinsmitglieder  
     
Zusammenfassung: Karin Weiß, Michaela Hahn  

Hochzeit feiern

Das Erzählen fand im Anschluss an die Fotoausstellung statt und anders als seither an einem Sonntagnachmittag mit Kaffee und Kuchen im katholischen Gemeindehaus; vermutlich die gesamte Konstellation hat dazu beigetragen, dass der Besuch sehr gut war (>40 TN). Einleitend wies Ludwig Wellhäuser darauf hin, dass das gegenseitige Hören besser wird, wenn wir versuchen diszipliniert nacheinander zu sprechen und alle TeilnehmerInnen zu Wort kommen lassen. Als Hilfsmittel hatten wir vorab Fragen zum Thema formuliert, entlang derer sowie der von Thomas Rubik eingescannten Bilder zum Thema das Erzählen stattfand. Die Stimmung war gut und die Teilnehmer sind zufrieden heimgegangen.

Allerdings zeigte sich, dass das Erzählen sich überwiegend am Bildmaterial und den Fragen orientierte. Da der Kreis doch relativ groß war, wurde häufig von Nachbar(in) zu Nachbar(in) erzählt und wenig in die große Runde. M.E. muss dies Konsequenzen für die künftige Vorbereitung des Erzählens haben.

Bild vom Hochzeitspaar Ulrich Schach (Lammwirt) mit einer Weiß vor dem Gasthaus Lamm. (Informationen in Ausstellungsunterlagen). Die Braut trug ein schwarzes Brautkleid, Tracht.

Von Ursula Gahm, geb. Baur wurde das Familienfotoalbum zur Verfügung gestellt. Darin enthalten ist eine schriftliche Einladung zur Hochzeit von Karl Schibel (Metzger) mit Justina Weiß (ihre Urgroßeltern mütterlicherseits). Die Hochzeit fand statt im Jahr 1885 und die Einladungskarte ist klein (etwa Din A 7) aber schön gedruckt. Genannt sind neben den Hauptpersonen deren Väter sowie Ort und Zeit. Diese Hochzeit fand im Gasthaus Adler statt. Wenn zur Hochzeit eingeladen wird, ist immer die kirchliche gemeint – die standesamtliche wurde als weniger wichtig erachtet. Oft fand diese am selben Tag oder aber am Vortag statt.

Sohn Konrad aus dieser Ehe heiratete Rosalia Elsäßer im Jahr 1914 an einem Dienstag im Gasthaus Lamm. Am Samstag „durfte“ nicht geheiratet werden, weil dann der Gottesdienstbesuch am Sonntag beeinträchtigt war, am Montag konnte nicht geheiratet werden, weil nach dem Wochenende wichtige landwirtschaftliche Arbeiten (z.B. Futter holen) anstanden, die Vorrang vor dem Fest hatten. (wie überhaupt die Feste den landwirtschaftlichen Erfordernissen nachgeordnet waren). Konrad und Rosa Schibel mit ihren Kindern Max, Helene und Sofie im Alter von etwa 10 bis 5 Jahren zeigt ein weiteres Bild. Und die Hochzeitseinladung der nächsten Generation, nämlich die von Helene Schibel und Raphael Baur am Pfingstmontag 1951 kündigt die Verheiratung der beiden ebenfalls im Lamm an. In dieser Anzeige werden auch die Mütter der Eheleute samt ihren Geburtsnamen genannt, was die gewandelte Frauenrolle und die Bedeutung der Mütter nach dem Krieg deutlich macht. (Dies wiederholt sich in der Anzeige von Irene Schach mit Erwin Thomma; sie haben ebenfalls an einen Dienstag im Hirsch geheiratet.)

Grundsätzlich erfolgte die Einladung in Seebronn so, dass das Hochzeitspaar in jedes Haus ging und alle Dorfbewohner („Freund und Feind“) zur Hochzeit eingeladen hat. (Das führte auch dazu, dass man spätestens jetzt jeden Winkel des Dorfs kennenlernte). Nur wenn besonders reiche/wichtige Leute heirateten und auch Gäste aus den Nachbarorten erwartet wurden, wurden auch Einladungen gedruckt. In anderen Ortschaften, wie z.B. in Wendelsheim, konnte diese Aufgabe der Einladung zur Hochzeit an einen Hochzeitsbitter delegiert werden. Ab etwa 1960 verweigerten die ersten Paare (Siegbert und Gertrud Weiß) diese Form der Einladung und es wurde über ein Zeitungsinserat zur öffentlichen Hochzeit eingeladen.

Die kirchliche Hochzeit war das eigentliche Fest. Trotzdem gibt es erstmals im Oktober 1955 bei der Hochzeit von Irene und Erwin Thomma ein Bild von der kirchlichen Zeremonie, die Pfarrer Strasser vollzieht, vermutlich weil es bis dahin nicht üblich war, dass Privatleute ein Fotogerät hatten. Ein Bild von der standesamtlichen Hochzeit hatte keines der befragten Paare.

Entsprechend der Bedeutung der kirchlichen Hochzeit waren konfessionsunterschiedliche Ehen lange fast unmöglich und noch bei der Hochzeit von Alfred und Ursula Schach 1975 drückte der katholische Pfarrer von Hailfingen sein Missfallen über die Heirat eines Katholiken mit einer Protestantin deutlich aus. Alfred Schach brauchte seine schriftliche Erlaubnis, dass der Ofterdinger Priester ihn trauen durfte. Sein Missfallen darüber drückte er aus, indem er ihm zum Abschied nicht mal die Hand gab. Bei Paaren, die nicht derselben Konfession angehörten, musste beim Pfarrer unterschrieben werden, in welcher Konfession die künftigen Kinder erzogen werden sollten. Hier wurde die katholische Kirche als noch enger empfunden als die evangelische. Auch die Gläubigen hatten diesen Anspruch der gleichen Konfession verinnerlicht – erzählt wurde von einem Fall, in dem die Mutter die Teilnahme an der Hochzeit ihres Sohns verweigerte, weil er ein evangelische Christin heiratete. Trotzdem gab es lange keine rein standesamtlichen Hochzeiten.

Nach dem Gottesdienst führte das Hochzeitspaar die Gäste zur Wirtschaft. Die Musik und/oder andere wichtige Vereine (z.B. Kolpingsfamilie bei Elfriede und Franz Gollhofer, Gesangverein und gemischter Chor bei Georg und Liesbeth Gaus) gingen voraus, dann kam das Hochzeitspaar mit der Familie, dann die Gespielen/Kameraden, dann der Rest. (Das Bild des Hochzeitszuges von Liesbeth und Georg Gaus zeigt, dass der Zug von der Kirche bis zur Kurve der Hauptstr. bei Grammers reichte.)

Das typische Hochzeitsessen waren Klößlessuppe und weiße Bratwürste mit Kartoffelsalat. Der Konsum der an den Hochzeitstisch geladenen Gäste und der Musiker, die später auch zum Tanz aufspielten, wurde vom Hochzeitspaar bezahlt, alle anderen Gäste bezahlten selbst. Die Rechnung des Hochzeitstisches von Helene und Raphael Baur betrug 300 DM, was 1951 viel Geld war.

Nach dem Essen vor dem Kaffee fuhr das Brautpaar mit der Familie und wichtigen Gästen zum Fotografen Deyhle nach Rottenburg. Irene erzählte, dass sie bei der Gelegenheit eine Verwandte dort im Krankenhaus besuchten, die ihnen dafür ihr Leben lang dankbar war.

Die Braut trug bis in den Krieg Tracht, danach ein langes, weißes Kleid; ab 1960 waren wadenlange Kleider modern (Liesbeth Gaus hat 1960 am Ostermontag als erste im Ort in einem nicht bodenlangen Kleid geheiratet.) Die Männer trugen nach dem Krieg einen schwarzen Anzug, im Krieg Uniform.

Später am Nachmittag gab es Kaffee und Kuchen, den das Brautpaar organisierte. Nach dem Kaffee gingen die Gespielinnen und Kameraden in eine andere Wirtschaft um Platz zu machen. Wenn das Kuchenangebot zu großzügig war, bestellten die Gäste weniger zum Abendessen, was dem Wirt nicht gefallen hat. Die Bedienungen hatten weitreichende Aufgaben bei der Vorbereitung und beim Aufräumen. Sie mussten morgens kommen, um die Kartoffeln für den Salat zu schälen und am Tag nach der Hochzeit machten sie sauber. Dafür erhielten sie 20 DM Wechselgeld, was sie behalten durften; zusätzlich gab es nur das Trinkgeld, das die Gäste gaben.

Für die Hochzeitsfamilien machten Verwandte und Nachbarn an diesem Tag den Stall, alle anderen gingen zwischendurch heim und kamen später wieder. Da die Gäste auf eigene Rechnung bestellten, war es üblich, dass die Hochzeit nicht nur im Lokal, in dem das Paar feierte stattfand, sondern auch in allen anderen Wirtschaften des Ortes.

Ein Teil der Musikkapelle bildete die Hochzeitskapelle, die zur Unterhaltung und zum Tanz Hochzeitsmusik machte. Bei der Hochzeit von Gertrud und Siegbert Weiß am 22.11.1963 gab es keine Musik, weil Kennedy an diesem Tag in Dallas ermordet wurde. Der Bürgermeister (Robert Hahn kam und berichtete der Gesellschaft vom Geschehenen und bat darum im Weiteren auf Musik zu verzichten.

Auch die Goldene Hochzeit wurde gefeiert; ein Bild von Konrad und Rosa Schibel bezeugt dies.

Einen Polterabend vor der Hochzeit gab es nicht – war ja auch nicht nötig, da sowieso alle, die wollten zur eigentlichen Hochzeit kommen konnten.

Das Brautgespräch fand zwar statt, blieb aber sehr vorsichtig und formal. (Irene meinte augenzwinkernd, dass der Pfarrer den Männern sagen musste, dass sie ihren Frauen folgen sollen.).

Eine Verlobungszeit sei nicht üblich gewesen. Andererseits waren sich die Brautleute versprochen – vermutlich auch durch die unsicheren Zeiten des Krieges.

Der Einfluss der Eltern auf die Partnerwahl blieb unklar; vermutlich haben die Eltern nachdem sich zwei gefunden hatten, die Verbindung mehr oder weniger unterstützt.

Wenn die Gäste gingen, oft spät in der Nacht, gaben sie der Braut ihr Geschenk. Geschenkt wurde fast ausschließlich Geld und das in kleinen Gaben (1, 2, 3 selten einmal 5 oder gar 10 Mark).

Die Braut brachte ihre Aussteuer mit, die im Wesentlichen aus guter, selbst bestickter, schöner Bettwäsche bestand. Diese sollte lebenslang halten, so dass im Haushalt keine weitere Anschaffung erforderlich war. Die Wäsche war von sehr guter Qualität und überwiegend weiß. Oft hatte die Braut die Kopfkissen und Oberleintücher schon mit Ornamenten und/oder ihrem Monogramm bestickt. (Durch die sich ändernden Maße der Betten selbst, mussten dann viele der Aussteuerstücke vorzeitig ausgemustert werden). Auch in den Tagen nach der Hochzeit kamen Leute, die an der Teilnahme selbst verhindert waren zum Schenken. Bei der Gelegenheit wurde auch geschaut, was die Braut mitgebracht hat. Auf Wunsch wurden die Kästen (Schränke) aufgemacht und die Aussteuer gezeigt (oder auch nicht).

Eine Hochzeitsreise war nicht üblich und der Stellenwert der Hochzeitsnacht war auch sehr unterschiedlich. Bei Anneliese und Eugen Diebold reisten Geschäftskollegen an, um an der Hochzeit teilzunehmen. Da es keine andere Unterbringungsmöglichkeit gab, wurden die Gäste in das eine Bett und das Hochzeitspaar in das andere Bett gelegt.

 

Die „Hochzeitskapelle“ bei vielen Hochzeiten waren Musiker aus dem Musikverein. Sie spielten auf eigene Verantwortung / eigene Rechnung.

Im Mai 1952 wurde zur 1. Hochzeit gespielt (Siegfried Schiebel)

Musiker:

Gerold Renner, Pfarrgasse

Hermann Baur, Freudenstädter-Straße

Karl Hahn, Hindenburgstraße

Erich Hahn, Hindenburgstraße

Helmut Hahn, Wehrgasse (bis 1960)

Gabriel Schiebel, Wehrgasse

Bruno Elsäßer, Im Gässle

 

Ein Hochzeitsgedicht, das Irene Thomma (geb. Schach) als Kind vorgetragen hat:

Ich bringe heute einen Kuchen,

zur grünen Hochzeit - zum versuchen

er ist von ganz besond’rer Art

weil süß und bitter drin sich paart.

Er ist ein gutes Bild zur Ehe

in der sich paaren Freud und Wehe.

Nicht immer ist nur Sonnenschein

es kann auch Ungewitter sein.

Weil ich davon viel verstehe

So wünsch‘ ich eh ich wieder gehe

Nur Glück und Freud soll euch begleiten.

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