Datum: | Sonntag, 04. November 2018 | 15:00 - 16:45 Uhr |
Thema: | Hochzeit feiern | Sonntags-Erzählen mit Kaffee und Kuchen |
Ort, Räumlichkeit: | Kath. Gemeindehaus Seebronn | |
Teilnehmer: | 31 Teilnehmer, davon 10 Vereinsmitglieder | |
Zusammenfassung: | Karin Weiß, Michaela Hahn |
Hochzeit feiern
Das Erzählen fand im Anschluss an die Fotoausstellung statt und anders als seither an einem Sonntagnachmittag mit Kaffee und Kuchen im katholischen Gemeindehaus; vermutlich die gesamte Konstellation hat dazu beigetragen, dass der Besuch sehr gut war (>40 TN). Einleitend wies Ludwig Wellhäuser darauf hin, dass das gegenseitige Hören besser wird, wenn wir versuchen diszipliniert nacheinander zu sprechen und alle TeilnehmerInnen zu Wort kommen lassen. Als Hilfsmittel hatten wir vorab Fragen zum Thema formuliert, entlang derer sowie der von Thomas Rubik eingescannten Bilder zum Thema das Erzählen stattfand. Die Stimmung war gut und die Teilnehmer sind zufrieden heimgegangen.
Allerdings zeigte sich, dass das Erzählen sich überwiegend am Bildmaterial und den Fragen orientierte. Da der Kreis doch relativ groß war, wurde häufig von Nachbar(in) zu Nachbar(in) erzählt und wenig in die große Runde. M.E. muss dies Konsequenzen für die künftige Vorbereitung des Erzählens haben.
Bild vom Hochzeitspaar Ulrich Schach (Lammwirt) mit einer Weiß vor dem Gasthaus Lamm. (Informationen in Ausstellungsunterlagen). Die Braut trug ein schwarzes Brautkleid, Tracht.
Von Ursula Gahm, geb. Baur wurde das Familienfotoalbum zur Verfügung gestellt. Darin enthalten ist eine schriftliche Einladung zur Hochzeit von Karl Schibel (Metzger) mit Justina Weiß (ihre Urgroßeltern mütterlicherseits). Die Hochzeit fand statt im Jahr 1885 und die Einladungskarte ist klein (etwa Din A 7) aber schön gedruckt. Genannt sind neben den Hauptpersonen deren Väter sowie Ort und Zeit. Diese Hochzeit fand im Gasthaus Adler statt. Wenn zur Hochzeit eingeladen wird, ist immer die kirchliche gemeint – die standesamtliche wurde als weniger wichtig erachtet. Oft fand diese am selben Tag oder aber am Vortag statt.
Sohn Konrad aus dieser Ehe heiratete Rosalia Elsäßer im Jahr 1914 an einem Dienstag im Gasthaus Lamm. Am Samstag „durfte“ nicht geheiratet werden, weil dann der Gottesdienstbesuch am Sonntag beeinträchtigt war, am Montag konnte nicht geheiratet werden, weil nach dem Wochenende wichtige landwirtschaftliche Arbeiten (z.B. Futter holen) anstanden, die Vorrang vor dem Fest hatten. (wie überhaupt die Feste den landwirtschaftlichen Erfordernissen nachgeordnet waren). Konrad und Rosa Schibel mit ihren Kindern Max, Helene und Sofie im Alter von etwa 10 bis 5 Jahren zeigt ein weiteres Bild. Und die Hochzeitseinladung der nächsten Generation, nämlich die von Helene Schibel und Raphael Baur am Pfingstmontag 1951 kündigt die Verheiratung der beiden ebenfalls im Lamm an. In dieser Anzeige werden auch die Mütter der Eheleute samt ihren Geburtsnamen genannt, was die gewandelte Frauenrolle und die Bedeutung der Mütter nach dem Krieg deutlich macht. (Dies wiederholt sich in der Anzeige von Irene Schach mit Erwin Thomma; sie haben ebenfalls an einen Dienstag im Hirsch geheiratet.)
Grundsätzlich erfolgte die Einladung in Seebronn so, dass das Hochzeitspaar in jedes Haus ging und alle Dorfbewohner („Freund und Feind“) zur Hochzeit eingeladen hat. (Das führte auch dazu, dass man spätestens jetzt jeden Winkel des Dorfs kennenlernte). Nur wenn besonders reiche/wichtige Leute heirateten und auch Gäste aus den Nachbarorten erwartet wurden, wurden auch Einladungen gedruckt. In anderen Ortschaften, wie z.B. in Wendelsheim, konnte diese Aufgabe der Einladung zur Hochzeit an einen Hochzeitsbitter delegiert werden. Ab etwa 1960 verweigerten die ersten Paare (Siegbert und Gertrud Weiß) diese Form der Einladung und es wurde über ein Zeitungsinserat zur öffentlichen Hochzeit eingeladen.
Die kirchliche Hochzeit war das eigentliche Fest. Trotzdem gibt es erstmals im Oktober 1955 bei der Hochzeit von Irene und Erwin Thomma ein Bild von der kirchlichen Zeremonie, die Pfarrer Strasser vollzieht, vermutlich weil es bis dahin nicht üblich war, dass Privatleute ein Fotogerät hatten. Ein Bild von der standesamtlichen Hochzeit hatte keines der befragten Paare.
Entsprechend der Bedeutung der kirchlichen Hochzeit waren konfessionsunterschiedliche Ehen lange fast unmöglich und noch bei der Hochzeit von Alfred und Ursula Schach 1975 drückte der katholische Pfarrer von Hailfingen sein Missfallen über die Heirat eines Katholiken mit einer Protestantin deutlich aus. Alfred Schach brauchte seine schriftliche Erlaubnis, dass der Ofterdinger Priester ihn trauen durfte. Sein Missfallen darüber drückte er aus, indem er ihm zum Abschied nicht mal die Hand gab. Bei Paaren, die nicht derselben Konfession angehörten, musste beim Pfarrer unterschrieben werden, in welcher Konfession die künftigen Kinder erzogen werden sollten. Hier wurde die katholische Kirche als noch enger empfunden als die evangelische. Auch die Gläubigen hatten diesen Anspruch der gleichen Konfession verinnerlicht – erzählt wurde von einem Fall, in dem die Mutter die Teilnahme an der Hochzeit ihres Sohns verweigerte, weil er ein evangelische Christin heiratete. Trotzdem gab es lange keine rein standesamtlichen Hochzeiten.
Nach dem Gottesdienst führte das Hochzeitspaar die Gäste zur Wirtschaft. Die Musik und/oder andere wichtige Vereine (z.B. Kolpingsfamilie bei Elfriede und Franz Gollhofer, Gesangverein und gemischter Chor bei Georg und Liesbeth Gaus) gingen voraus, dann kam das Hochzeitspaar mit der Familie, dann die Gespielen/Kameraden, dann der Rest. (Das Bild des Hochzeitszuges von Liesbeth und Georg Gaus zeigt, dass der Zug von der Kirche bis zur Kurve der Hauptstr. bei Grammers reichte.)
Das typische Hochzeitsessen waren Klößlessuppe und weiße Bratwürste mit Kartoffelsalat. Der Konsum der an den Hochzeitstisch geladenen Gäste und der Musiker, die später auch zum Tanz aufspielten, wurde vom Hochzeitspaar bezahlt, alle anderen Gäste bezahlten selbst. Die Rechnung des Hochzeitstisches von Helene und Raphael Baur betrug 300 DM, was 1951 viel Geld war.
Nach dem Essen vor dem Kaffee fuhr das Brautpaar mit der Familie und wichtigen Gästen zum Fotografen Deyhle nach Rottenburg. Irene erzählte, dass sie bei der Gelegenheit eine Verwandte dort im Krankenhaus besuchten, die ihnen dafür ihr Leben lang dankbar war.
Die Braut trug bis in den Krieg Tracht, danach ein langes, weißes Kleid; ab 1960 waren wadenlange Kleider modern (Liesbeth Gaus hat 1960 am Ostermontag als erste im Ort in einem nicht bodenlangen Kleid geheiratet.) Die Männer trugen nach dem Krieg einen schwarzen Anzug, im Krieg Uniform.
Später am Nachmittag gab es Kaffee und Kuchen, den das Brautpaar organisierte. Nach dem Kaffee gingen die Gespielinnen und Kameraden in eine andere Wirtschaft um Platz zu machen. Wenn das Kuchenangebot zu großzügig war, bestellten die Gäste weniger zum Abendessen, was dem Wirt nicht gefallen hat. Die Bedienungen hatten weitreichende Aufgaben bei der Vorbereitung und beim Aufräumen. Sie mussten morgens kommen, um die Kartoffeln für den Salat zu schälen und am Tag nach der Hochzeit machten sie sauber. Dafür erhielten sie 20 DM Wechselgeld, was sie behalten durften; zusätzlich gab es nur das Trinkgeld, das die Gäste gaben.
Für die Hochzeitsfamilien machten Verwandte und Nachbarn an diesem Tag den Stall, alle anderen gingen zwischendurch heim und kamen später wieder. Da die Gäste auf eigene Rechnung bestellten, war es üblich, dass die Hochzeit nicht nur im Lokal, in dem das Paar feierte stattfand, sondern auch in allen anderen Wirtschaften des Ortes.
Ein Teil der Musikkapelle bildete die Hochzeitskapelle, die zur Unterhaltung und zum Tanz Hochzeitsmusik machte. Bei der Hochzeit von Gertrud und Siegbert Weiß am 22.11.1963 gab es keine Musik, weil Kennedy an diesem Tag in Dallas ermordet wurde. Der Bürgermeister (Robert Hahn kam und berichtete der Gesellschaft vom Geschehenen und bat darum im Weiteren auf Musik zu verzichten.
Auch die Goldene Hochzeit wurde gefeiert; ein Bild von Konrad und Rosa Schibel bezeugt dies.
Einen Polterabend vor der Hochzeit gab es nicht – war ja auch nicht nötig, da sowieso alle, die wollten zur eigentlichen Hochzeit kommen konnten.
Das Brautgespräch fand zwar statt, blieb aber sehr vorsichtig und formal. (Irene meinte augenzwinkernd, dass der Pfarrer den Männern sagen musste, dass sie ihren Frauen folgen sollen.).
Eine Verlobungszeit sei nicht üblich gewesen. Andererseits waren sich die Brautleute versprochen – vermutlich auch durch die unsicheren Zeiten des Krieges.
Der Einfluss der Eltern auf die Partnerwahl blieb unklar; vermutlich haben die Eltern nachdem sich zwei gefunden hatten, die Verbindung mehr oder weniger unterstützt.
Wenn die Gäste gingen, oft spät in der Nacht, gaben sie der Braut ihr Geschenk. Geschenkt wurde fast ausschließlich Geld und das in kleinen Gaben (1, 2, 3 selten einmal 5 oder gar 10 Mark).
Die Braut brachte ihre Aussteuer mit, die im Wesentlichen aus guter, selbst bestickter, schöner Bettwäsche bestand. Diese sollte lebenslang halten, so dass im Haushalt keine weitere Anschaffung erforderlich war. Die Wäsche war von sehr guter Qualität und überwiegend weiß. Oft hatte die Braut die Kopfkissen und Oberleintücher schon mit Ornamenten und/oder ihrem Monogramm bestickt. (Durch die sich ändernden Maße der Betten selbst, mussten dann viele der Aussteuerstücke vorzeitig ausgemustert werden). Auch in den Tagen nach der Hochzeit kamen Leute, die an der Teilnahme selbst verhindert waren zum Schenken. Bei der Gelegenheit wurde auch geschaut, was die Braut mitgebracht hat. Auf Wunsch wurden die Kästen (Schränke) aufgemacht und die Aussteuer gezeigt (oder auch nicht).
Eine Hochzeitsreise war nicht üblich und der Stellenwert der Hochzeitsnacht war auch sehr unterschiedlich. Bei Anneliese und Eugen Diebold reisten Geschäftskollegen an, um an der Hochzeit teilzunehmen. Da es keine andere Unterbringungsmöglichkeit gab, wurden die Gäste in das eine Bett und das Hochzeitspaar in das andere Bett gelegt.
Die „Hochzeitskapelle“ bei vielen Hochzeiten waren Musiker aus dem Musikverein. Sie spielten auf eigene Verantwortung / eigene Rechnung.
Im Mai 1952 wurde zur 1. Hochzeit gespielt (Siegfried Schiebel)
Musiker:
Gerold Renner, Pfarrgasse
Hermann Baur, Freudenstädter-Straße
Karl Hahn, Hindenburgstraße
Erich Hahn, Hindenburgstraße
Helmut Hahn, Wehrgasse (bis 1960)
Gabriel Schiebel, Wehrgasse
Bruno Elsäßer, Im Gässle
Ein Hochzeitsgedicht, das Irene Thomma (geb. Schach) als Kind vorgetragen hat:
Ich bringe heute einen Kuchen,
zur grünen Hochzeit - zum versuchen
er ist von ganz besond’rer Art
weil süß und bitter drin sich paart.
Er ist ein gutes Bild zur Ehe
in der sich paaren Freud und Wehe.
Nicht immer ist nur Sonnenschein
es kann auch Ungewitter sein.
Weil ich davon viel verstehe
So wünsch‘ ich eh ich wieder gehe
Nur Glück und Freud soll euch begleiten.
Datum: | Sonntag, 03. November 2019 | 14:30 - 16:30 Uhr |
Thema: |
Vom Butzele bis zum Kinderschüle Kindheit im Dorf |
Sonntags-Erzählen mit Kaffee und Kuchen |
Ort, Räumlichkeit: | Musikerheim | |
Teilnehmer: | 25 Teilnehmer, davon 6 Vereinsmitglieder | |
Zusammenfassung: | Thomas Rubik / Ludwig Wellhäuser |
Vom Butzele bis zum Kinderschüle - Kindheit im Dorf
Begrüßung - Ludwig Wellhäuser
Einführung / Start – Thomas Rubik
Start mit Fotos von Kindergarten-Jahrgängen, Kindergarten, sonstigen Fotos von Kindern im Kleinkindalter
Foto – Kindergartenkinder 1
Aus dem Jahr 1926, Südseite des Kindergartens, Quelle Chronik der Kath. Kirchengemeinde zum 200-jährigen Jubiläum
Foto – Kindergartenkinder 2
Fotografie aus dem Jahr 1950, es zeigt die Kindergartenkinder der Jahrgänge 1943 – 1947. Vom Jahrgang 1947 waren ziemlich viele Teilnehmer anwesend, das begünstigt die Identifikation nahezu aller Kinder -> hier wird für das Foto eine Legende erarbeitet.
Foto – Kindergartenkinder 3
Fotografie aus dem Jahr 1956 – Kindergartenkinder im Jubiläumsjahr „100 Jahre Liederkranz Seebronn“, Aufführung „Märchenspiel“
Foto – Kindergartenkinder Vogelhochzeit
Fotografie vermutlich aus dem Jahr 1964 anlässlich „85 jährigem Jubiläum Musikverein Seebronn“
Weitere Fotos
Zwillinge (geb.) Schach (Irene + Theresia) mit Kalb / Kuh
Kinderzeit vor / außerhalb des Kindergartens
Bis Mitte / Ende der 50-er Jahre erblickten die meisten Kinder zuhause (am Ort, in Seebronn) das Licht der Welt. Emma Kieferle, Hebamme in Seebronn, war bei den Hausgeburten fachlich / medizinisch mit dabei. Nur wenige Kinder (eher Ausnahmefälle) wurden in der Frauenklinik in Tübingen entbunden.
Bedingt durch die Arbeit im Hof und auf dem Feld des damaligen landwirtschaftlichen geprägten Ortes wurden die Kinder der Oma, einer Base oder auch in die Nachbarschaft in Obhut gegen. Dieses „Kinderhüten“ war üblich und alltäglich – jedenfalls bis Mitte/Ende der 50-er Jahren. Damit waren die Kleinen versorgt und man konnte der aufwendigen und schweren Arbeit in der Landwirtschaft nachgehen.
Körperhygiene hatte einen anderen Standard als heute. Für die Säuglinge und Kleinkinder gab es keine Einmalwindeln. Stoffwindeln und ggfs. eine Gummihose waren im Einsatz. Das „Häfele“ wurde vermutlich früher und intensiver benutzt.
Kindergartenzeit
Die Kinder gingen (wurden gegangen) ziemlich regelmäßig (täglich) in den Kindergarten. Dies galt ab 3 Jahren, teilweise früher. Aber die Kinder sollten zum Eintritt natürlich „sauber“ sein. Damit hatten die Eltern die Freiräume für die Arbeit auf dem Hof. Kinderschüle war schon morgens und dann wieder nachmittags. Zum Mittagessen war man zuhause.
Den Weg zum Kindergarten meisterten die Kinder selbstständig, meist zu Fuß. Dies war jedoch auch nicht ungefährlich. Manches Kind wurde vom Gänserich gejagt oder gar gebissen.
Der Kindergarten war im Erdgeschoss des Schwesternhauses (erbaut 1905/1906) untergebracht. Das Kinderschüle bestand im Wesentlichen aus einem großen Saal. Hier wurden die Kinder altersgemischt betreut.
Die Barmherzigen Schwestern aus Untermarchtal (seit 1903 in Seebronn) übernahmen die Kleinkinderbetreuung und auch die Krankenpflege am Ort. Anmerkung: die Schwestern boten im Schwesternhaus auch eine „Industrieschule“ was mit Handarbeit und Nähkurs gleichzusetzen ist.
Spielzeug gab es nicht wirklich viel – Holzklötze, wenig Stoffpuppen, Autos / Fahrzeuge aus Holz. Die Betreuung war streng es herrsche ein strenger Zug. Es gab Bestrafungen wie „in den Keller gesperrt werden“, „Ohrfeigen“, „in die Ecke gestellt werden“ auch ein hoher Stuhl auf den man sich „wie am Pranger“ setzen musste habe es gegeben. Bei teilweise 50 bis 70 Kinder auf 1-2 Betreuungspersonen war auch kein „Federlesen“ möglich.
Im Sommer war man bei gutem Wetter natürlich viel draußen im Garten. Eine große Wippe, ein Reck, Schaukeln und ein Sandkasten waren das Angebot an Spielgeräten. Eine Hütte bot etwas Schatten, ein Eimer Wasser, in dem ein Becher gefüllt werden konnte, sorgte für den Trink-Genuss.
Im Kindergarten wurden auch Theaterspiele eingeübt, jedenfalls bei Festen in Seebronn hat sich das Kinderschüle künstlerisch präsentiert. Vogelhochzeit an einem Musikerfest, Märchenspiel zum Liederkranzfest.
Der Besuch vom Nikolaus im Kindergarten war ein regelmäßiger Höhepunkt. Der Nikolaus war über die Kinder, deren Benehmen oder gar Verfehlungen gut informiert. So wurde individuell gelobt oder direkt von Knecht Ruprecht, der immer mit dabei war, bestraft: Ein perfekt inszeniertes „pädagogisches Konzept“.
Die „Strenge“ im Kindergarten wurde natürlich mit den Schwestern verbunden. Die Anwesenden erinnern sich noch an die Schwester Ursia und Krankenschwester Maria Coletta, die bis 1969 in Seebronn waren.
Es war schon so, dass man nicht immer gerne ins „Schüle“ ging und die Erinnerungen daran nicht immer die schönsten und besten sind. Zitat von einer ehemaligen Kinderschülerin: „rauh aber herzlich“
Die Kinderbetreuung wurde noch von anderen Frauen unterstützt.
Es fielen die Namen Veronika Fischer, Adelheid Elsässer, Marianne Hahn
Außerhalb des Kindergartens
Die Kinder trafen sich zum Spielen – in der Ortsmitte beim Kirchplatz.
Spiele waren:
- Kreisel: der Kreisel wurde über weite Strecken auf der Straße durchs Dorf getrieben. (Anmerkung: soweit mir bekannt wurden sie vom Schreiner/ Drechsler im Ort gemacht…)
- Pfahlen: Spiel mit kleineren Holzpfählen, die so geworfen wurden, dass sie im Boden stecken blieben (wurde wohl auch mit Messern gespielt, hieß dann Spicken)
- Himmel und Erde
- Ball gegen die Kirchenmauer werfen (Bälle waren wohl ein beliebtes Ostergeschenkt)
- Zehnerle – Ballspiel mit verschiedenen Figuren (durch die Beine, über die Schulter, …
- Gummihopfen
- Ringlein, Ringlein du musst wandern (Kreisspiel?)
Die Kinder mussten bereits früh zuhause mithelfen. Die Mädchen mit Schwerpunkt im Haushalt, die Buben draußen in Feld, Hof und Stall.
Start in die Schulzeit
Das Schulalter und den Start in die Schule empfand man positiv und man hat sich gefreut. Damit war man „endlich älter“ und nicht mehr Kind, man wurde „wertgeschätzt“ und ernst „genommen“.
Fotos zum Thema:
Kindergartenbild aus dem Jahr 1926
Schwesternhaus
Neuer Kindergarten
Vogelhochzeit 1964 – 85 Jahre Musikverein Seebronn
ist der Titel unserer regelmäßigen Treffen. Die Nachmittage oder Abende sind ausdrücklich für alle Interessierten, nicht nur für Mitglieder des Vereins gedacht.
In offener, ungezwungener Runde ergibt sich die Möglichkeit zu erzählen und zu erfahren. Zu den Themen, die grob vorgegeben werden, versuchen wir natürlich entsprechende Zeitzeugen einzuladen, die dazu etwas wissen oder das noch erlebt haben.
Die Veranstaltungen verlaufen sehr harmonisch, ja fast heimelig. Bei Kaffee und Kuchen gibt es Vieles zu hören. Die Geschichten der Runde reichen von ernst bis lustig, von bedeutungsvoll bis unwichtig, von großen Themen bis hin zu kleinen persönliche Geschichten, .... Immer ist es für unsere Gäste ein schöner Nachmittag oder Abend, jedes Mal macht es Freude zuzuhören, zu erzählen und nett beieinander zu sein.
Das Erzählte ist für den DorfLeben e.V. eine Quelle an Details und Fakten für die Vereinsarbeit. Weiter ergeben sich Kontakte, auf die wir bei Bedarf zurückgreifen und konkreten Sachverhalt, Zusammenhänge sowie Bildmaterial erhalten können.
Seebronner erzählen findet 3 - 5 Mal pro Jahr statt. Als Veranstaltungsräumlichkeiten nutzen wir abwechselnd Vereinsräume der Seebronner Vereine. Das freut uns, wir sind dafür dankbar und es hält und fördert den Kontakt zu den Vereinen.
An dieser Stelle ein paar "Einblicke"
Seebronner Erzählen - November 2018
Seebronner Erzählen - März 2019
Seebronner Erzählen - November 2019
Datum: | Sonntag, 17. März 2019 | 14:30 - 16:30 Uhr |
Thema: | Dorfläden - Einkaufen in Seebronn | Sonntags-Erzählen mit Kaffee und Kuchen |
Ort, Räumlichkeit: | Kath. Gemeindehaus Seebronn | |
Teilnehmer: | 37 Teilnehmer, davon 5 Vereinsmitglieder | |
Zusammenfassung: | Susanne Rubik |
Dorfläden – Einkaufen in Seebronn
Begrüßung
Ludwig Wellhäuser
Start mit Werbefilmen aus den 50er und 60er Jahren
Informationen zum Dorfladen - Eveline Öhrlich
Eine Gruppe aktiver SeebronnerInnen bereitet die Gründung eines Genossenschaftsladens vor. Zur Zeit ist bereits 28 000 € Genossenschaftskapital vorhanden, noch 22 000 € werden gebraucht, um die Genossenschaft zu gründen. Das Kapital wird ausschließlich für die Ladenausstattung und Ladenmiete sowie den Warenbestand gebraucht.
Eveline Öhrlich wirbt um weitere Unterstützung. Es wird angestrebt, die Genossenschaft im Mai 2019 zu gründen, um den Laden dann bis Ende des Jahres eröffnen zu können. Zurzeit wird eine Standortanalyse durchgeführt, das ist Vorschrift vor der Gründung. Die Kosten dafür werden von der Stadt Rottenburg übernommen.
Einführung ins Thema - Thomas Rubik
Laut Chronik wurde 1890 der erste Laden in Seebronn eröffnet, fälschlicherweise steht in der Chronik Familie Baur, gegründet wurde er von der Familie Hahn. Thomas Rubik zeigte einige Fotos der verschiedenen Läden, die es im 20. Jahrhundert in Seebronn gegeben hat: Rewe-Laden Hahn/Baur in der Hindenburgstraße 29 gegenüber der Kirche, Edeka-Laden und Herrenfriseur von Gregor Schach in der Hindenburgstraße 18 neben dem jetzigen Fußpflegesalon und von der Metzgerei Adolf Diebold in der Hindenburgstraße 3 neben dem Gasthaus Hirsch.
Gezeigt /ausgelegt wurden Werbe-Schriften des Edeka-Ladens, zur „Billige Seifen Wochen“ (ca. Mitte der 30er-Jahre), in denen aber auch viele andere Waren und Kolonialwaren („Edeka“ steht für Einkaufsgenossenschaft der Kolonialwarenhändler) angepriesen werden. Gregor Schach vermerkt „Wer zahlt mit euch die Steuern und Lasten, darum kauft am Platze bei einheimischen Geschäften und nicht von Händlern und Hausierern“. Gregor Schach hat auch mit Zinser, Herrenberg zusammengearbeitet und bietet in einem Werbeblatt vom November 1932 „Viele hundert Reste in meinem billigen Reste-Wochen“ an. Diese sind Stoffe, z.B. „Hemdenflanell, Frauenflanell, Schürzenzeugle, Kleiderzeugle, Pers“. Lore Göckel zeigte hierzu die weiße Hochzeitsschürze ihrer mütterlichen Großmutter, Hengher, die wohl aus feinem Schürzenzeugle hergestellt war. Diese wurde so um 1900 zur schwarzen Tracht getragen.
Im Folgenden möchte ich die Ergebnisse des Erzählten, der Gespräche und der Informationen festhalten. Moderiert wurde das „Seebronner Erzählen“ von Ludwig Wellhäuser. Der bereit gestellte Kaffee und Kuchen fand guten Anklang. Es war eine lebhafte Runde – ein gelungener Nachmittag.
Lebensmittelladen Baur gegenüber der Kirche
Der wohl älteste Laden ist der Lebensmittelladen von Familie Baur, laut Chronik gegründet 1890 von Fridolin Hahn. Übernommen und weiter betrieben wurde der Laden dann über lange Zeit von seiner Tochter Maria und deren Mann Valentin Baur. Im Verlauf wurde es ein VeGe-, später ein Rewe-Laden. Ende der 60er-Jahre wurde es vom Verkaufsthekengeschäft in einen Selbstbedienungsladen umgebaut.
Die Möglichkeit der Selbstbedienung verleitete nach Aussage mehrerer Anwesender sehr zum Einstecken von Kleinigkeiten wie zum Beispiel Brausestängele. Maria war wohl eine sehr energische Frau. Die erst 6 jährige Enkelin wurde mit der Aussicht auf Schleck als Belohnung dazu angehalten, Waren einzuräumen.
Valentin arbeitete außer im Laden auch noch als Mechaniker und reparierte so allerlei. Arztrezepte konnten im Laden abgegeben werden, es gab eine Kooperation mit den Apotheken - zunächst in Ergenzingen dann in Bondorf (Ott).
Anfang der 70er Jahre wurde der Laden für ein paar Jahre von Heinrich Weiß übernommen, bevor ihn dann am 7.7.1977 Otto Joos als Bäckerei mit Lebensmittelladen übernahm.
Kolonialwarenladen (Edeka) und Herrenfriseur Gregor Schach
Gregor Schach hatte als Jüngster von fünf Kindern eine Lehre zum Herrnfriseur gemacht, weil diese Ausbildung nichts kostete. 1932 eröffnete er seinen Laden und Frisör im eigenhändig gebauten Haus in der Hindenburgstraße 18. Später gab er nach einer Wirbelverletzung die Tätigkeit als Frisör auf, betrieb den Laden aber weiter. Dort gab es ein reichhaltiges Sortiment (siehe Werbeschriften): Stoffe und Kleidung, Drogerieartikel, landwirtschaftlicher Bedarf, Eisenwaren, Porzellan und Besteck, Öle und Fette etc., außerdem Kolonialwaren wie Tabakwaren, später wohl auch Getränke in Pfandflaschen. Erzählt wurde, dass die leeren Pfandkisten hinter dem Haus gelagert wurden. Um sich ein kleines Taschengeld zu verdienen, wurden manchmal leere Pfandflaschen aus den Kästen stibitzt und wieder an der Kasse abgegeben. Gregor Schach hat im Winter als Zusatzverdienst Samen, insbesondere Kleesamen gezogen, dafür hatte er eine Reinigungsmaschine. Diese Arbeit wurde auch von seiner Tochter Irene übernommen. Er hat die Samen an Bauern aus der Umgebung verkauft. Ein weiterer Zusatzverdienst war das Eindosen von Wurst aus den Hausschlachtungen. Die Dosen wurden mit den Jahren immer kleiner, weil der obere Rand bei jeder Wiederverwendung abgeschnitten werden musste.
Etwa um 1974 hat die Familie Bucher aus Alters- und Krankheitsgründen den Laden geschlossen.
„Rösles Laden“
In der Feuerseestraße 1 gab es in einem Raum im Erdgeschoss, der jetzigen Küche, einen kleinen Laden. Dieser Laden war seit den 20er-Jahren von zwei Tanten von Rösle Mauz, dem Fränzele und der Emma Schäfer, betrieben worden. Nach deren beider Tod in den 40er-Jahren hat Rösles Schwester Franziska, den kleinen Laden übernommen, nach deren Tod 1957 dann Rösle selber bis ca. 1962. Dort gab es alle Waren offen, vor allem Lebensmittel, aber auch Waschmittel und Zigaretten. Beliefert wurde der Laden vom Schad aus Rottenburg. Der Bohnenkaffee wurde vor Ort geröstet und von den Kindern von Hand gemahlen. Der Laden war immer offen, man ging eben hin, wenn man etwas brauchte. Am Sonntagmorgen wurde regelmäßig „handvollweise“ Kaffee verkauft.
Metzgerei Diebold
Die Metzgerei wurde von Adolf Diebold wohl Anfang des 19. Jahrhundert gegründet. Dort wurde vor allem frisches Fleisch und Wurst „zwischendurch“ eingekauft. In vielen Familien gab es damals ein- bis zweimal im Jahr (im Herbst und im Frühjahr) Hausschlachtungen des eigenem Viehs und den Schweinen. Die Wurst wurde eingedost und somit lange haltbar. Fleisch aus den Hausschlachtungen wurde in der Gemeindegefrieranlage gelagert. Somit war ein großer Bedarf an Metzgereiwaren bereits abgedeckt. Nach Adolfs Tod wurde die Metzgerei Anfang der 60er Jahre von der Metzgerei Brobeil aus Ergenzingen als Filiale betrieben. Adolfs Tochter Alma Hahn arbeitete dort als Metzgereiverkäuferin.
Später muss es noch eine Metzgerei Balm gegeben haben und danach verschiedene Filialen in der Hindenburgstraße 20 – Metzgerei Klaus/Bäuerle Rottenburg, Metzgerei Schäfer/Bittelbronn,
Bäckerei Peyk
Bis nach dem Krieg wurde alles Brot und sonstige Backwaren vor allem in der Gemeindebackküche im Rathaus oder selbst zuhause gebacken. Nach dem Krieg backte zusätzlich ein als Flüchtling ins Dorf gekommener Bäcker, Herr Peyk, in der Gemeindebackküche beim Gasthaus Rössle. Er backte sowohl eigene Backwaren, die er verkaufte, als auch das Brot für seine Kunden. Außerdem verkaufte er Backzutaten wie zum Beispiel Hefe.
Bäckerei Joos
Im Januar 1973 kam dann Otto Joos, Bäckermeister aus Rottenburg, ins Dorf und backte zunächst im Gemeindebackhaus. Am 7.7.1977 eröffnete er seine Bäckerei und Ladengeschäft in der Hindenburgstraße 29, dem ehemaligen Laden von Hahn/Baur/Weiß. Die Backstube war weiterhin in der ehemaligen Gemeindebackküche. Dort verkaufte er neben seinen Backwaren auch Lebensmittel aller Art. 1992 zog er mit seinem Laden um in die Räume der jetzigen Bäckerei, die zum Gasthaus Rössle gehört hatten. 2003 gab er die eigene Bäckerei auf, seither gibt es eine Filiale der Bäckerei Ziegler aus Schopfloch in den gleichen Räumen. Ein Lebensmittelangebot gibt es dort jetzt nicht mehr.
Von den 20er- bis in die frühen 60er-Jahre boten drei Läden am Ort ihre Waren an. Das Angebot reichte von Grundnahrungsmitteln über Haushaltswaren bis zu Geräten für die Landwirtschaft. Ergänzt wurde dieses Angebot durch Bäckerei (ab Ende der 40er-Jahre) und Metzgerei. Es wurde deutlich, dass man fast alles fußläufig erhalten konnte. Was es nicht gab, z.B. Kleider und Schuhe, besorgte man sich in Rottenburg auf den Märkten (Georgimarkt im April und Martinimarkt im November) oder durch „Fahrende Händler“ und „Hausierer“, die regelmäßig im Dorf vorbeikamen. In Erinnerung geblieben sind der „Schmotz-Frank“ wegen seiner Seifen und dem Ochsenmaulsalat und der „Schuh-Luik“. Geblieben ist der Fischwagen, der schon seit vielen Jahren und auch heute noch nach Seebronn kommt.
Einkaufen ohne Verpackung war bis zur Einführung der Selbstbedienung Normalität. Viele Lebensmittel wurden in die mitgebrachten Gefäße gefüllt – Maggi und Essig in die Flasche, der Hering kam auf den Teller oder ins Glas. Das Bier holte man mit dem Krug im Rössle. Eindrucksvoll war der Bericht über den Mann, der ein Ei gegen einen Stumpen eintauschen wollte.
Der erste Selbstbedienungsladen entstand Ende der 60er-Jahre, vorher wurde alles über den Tresen verkauft. Dass dies auch ohne Worte gehen konnte zeigte das Beispiel der Frauen. Wenn sie sonst ihre Einkäufe im Schurz nach Hause trugen, so stellten sie an gewissen Tagen eine Tasche ohne Kommentar hinter den Tresen. Es war klar, was in diese Tasche hineinsollte – nämlich das, was man sich auszusprechen scheute.
Da einige Nachkommen der ehemaligen Ladenbesitzer anwesend waren, konnte man erfahren, dass niemand sein Auskommen durch den Laden allein hatte. Jede Familie hatte noch seine Landwirtschaft oder bot Dienstleistungen an. Andere verdienten sich als Schlosser und Maschinenbauer ein Zubrot.
Fotos:
Lebensmittelladen Baur
Metzgerei Diebold
Kolonialwarengeschäft Diebold